Hervorragend organisierte „Schutztruppen“ des Waldes: Waldameisen
Hervorragend organisierte "Schutztruppen" des Waldes: Waldameisen
Obwohl sie so klein sind, haben sie eine enorme Bedeutung für das Öko-System Wald: Waldameisen. Bei uns im Kraichtal kann man noch vereinzelt ihre imposanten Bauten entdecken. Sie wurden von Waldameisen errichtet. Bei uns in Deutschland leben ungefähr 110 Ameisenarten. Die Gruppe der einheimischen Waldameisen umfasst 13 Arten. Alle diese Arten bauen solche Nesthügel. Je weniger Sonne auf die Hügel einstrahlt, desto höher wird auch der Hügel. Je mehr Sonne auf den Hügel einstrahlen kann, desto flacher wird er gebaut. Dabei können die Ameisenhügel bis zu 2 m hoch werden – und sich auch bis zu 2 m in den Erdboden erstrecken. In einem solchen Hügel können – je nach Größe – mehrere Millionen Ameisen leben. Darunter befinden sich oft mehr als Tausend Königinnen und Hunderttausende Arbeiterinnen. Männliche Ameisen – die Drohnen dagegen – sterben kurz nach der Paarung.
Die Waldameisen errichten ihre Nesthügel mit Pflanzenabfällen aus ihrer Umgebung. Ästchen, Nadeln von Nadelbäumen, Rindenstückchen, anderen Pflanzenteilen. Diese werden im Umkreis von bis zu 100 m zusammengetragen.Dabei wird alles Fressbare von den Ameisen verwertet. Die Arbeiterinnen haben sehr kräftige Kiefer und starke Muskeln. So können sie bis zum 40fachen ihres eigenen Körpergewichts transportieren. (Um diese Leistung zu verdeutlichen: Ein erwachsener Mensch mit einem Gewicht von 75 kg müsste demnach in jeder Hand 1 VW-Golf tragen können …)
Das Leben im Ameisenhügel ist straff organisiert: Im Laufe ihres Lebens, das bei den Arbeiterinnen bis 4 Jahre – und bei den Königinnen bis zu 14 Jahre dauern kann, wechseln ihre Aufgaben im Bau. Anfangs sind die Arbeiterinnen im Inneren des Baues tätig. Dabei füttern und versorgen sie Larven und tragen sie bei Bedarf umher und sind auch für die Reparatur des Nestes verantwortlich, wenn Fressfeinde (Grünspecht), sonstige Tiere oder das Wetter Schäden angerichtet haben. Die Königinnen im Nesthügel haben nur noch eine Aufgabe: Eier legen.
Ältere Arbeiterinnen sind im „Außendienst“ tätig. Aber auch da gibt es „Spezialisten“. Für die Versorgung gibt es Jäger, welche die Umgebung nach Beute absuchen, Melkerinnen, welche den „Honigtau“ der Blattläuse aufnehmen, Wächterinnen, die die zahlreichen Eingänge des Ameisenhügels bewachen, aber auch Bauarbeiterinnen, welche Material herbeischaffen und beim Ausbessern des Hügels mithelfen.
Das folgende kurze Video-Beispiel zeigt die Aktivitäten der Arbeiterinnen eines Ameisenhügels im Kraichtaler Wald. Gezeigt wird auch die hohe Besuchs-Frequenz der Ameisen an einem ihrer „Wirtsbäume“, einer mächtigen Rotbuche in Nestnähe.
Während der aktiven Zeit der Waldameisen herrscht vom Frühjahr bis in den Spätherbst an trockenen Tagen ein reges Hin und Her im Umkreis des Ameisenhügels. Dabei werden alle Bäume von der Wurzel bis zur Spitze abgesucht. Regelrechte Ameisen-Straßen führen zu den „Wirtsbäumen“. An diesen kann man einen den ganzen Tag über nicht abreißenden Strom von auf- und abwärtsströmenden Arbeiterinnen beobachten. Fress- und Verwertbares wird ins Nest transportiert. So erntet ein 1-Millionen-Ameisenstaat im Jahr bis zu 28 kg Insekten für die Brut – und die Ausbeute des Honigtaus der Blattläuse beträgt ca. 200 Liter. Zudem halten die Tiere eines Ameisenhügels ungefähr 1/4 Hektar Wald in der Umgebung des Nestes weitgehend frei von Schadinsekten und Forstschädlingen.
Auch andere Tiere profitieren von den Waldameisen. Während sich Grünspechte hauptsächlich von Ameisen ernähren, suchen andere Vogelarten wie zum Beispiel die Eichelhäher – gelegentlich die Ameisenhügel auf, um sich dort durch die Gift spritzenden Arbeiterinnen von ihren Gefieder-Parasiten befreien zu lassen.
Aber auch einige Insektenarten wie der „Ameisen-Sackkäfer“ oder Ameisen-Bläulinge nutzen Ameisenbauten als Ort für die Entwicklung ihrer Larven. Dort ernähren sich diese entweder von den Fress-Abfällen der Ameisen oder verzehren selbst die Brut der Ameisen, wie dies beim „Wiesenknopf-Ameisenbläuling“ der Fall ist. Wenn sie nach vollendeter Entwicklung aber nicht schnell genug aus dem Bau heraus kommen, können sie auch selbst zur Beute werden.
Sogar viele Pflanzen nutzen den Appetit der Waldameisen auf Süßes: So bieten zum Beispiel die Veilchen ihre Samen mit einem zuckerhaltigen Anhängsel an. Deswegen transportieren die Ameisen den Veilchensamen in ihr Nest. Dort wird der süße Anhang gefressen, aber die Samenkörner werden anschließend als „Abfall“ in der Umgebung des Nestes zusammen mit anderen Abfällen verteilt. So sind die Ameisen aktiv an der Verbreitung der Veilchen beteiligt – übrigens bei vielen anderen Pflanzen auch.
Waldameisen sind wichtige Helfer bei der Beseitigung von Forstschädlingen, verbessern den Boden, erschließen vielen Pflanzenarten neue Standorte und dienen selbst zahlreichen Tierarten als Beute. Deswegen genießen sie unseren Schutz. Es bleibt zu hoffen, dass es auch in den Kraichtaler Wäldern wieder vermehrt Ameisenhügel geben wird.
Übrigens: Es ist geplant, die Aktivitäten der Waldameisen in mehreren BLOG-Beiträgen über das gesamte Jahr zu begleiten.