Von ihr stammt die „Gelbe Rübe“ oder „Garten-Möhre“ ab: Wilde Möhre
Von ihr stammt die "Gelbe Rübe" oder "Garten-Möhre" ab: Wilde Möhre
Die Wilde Möhre ist eine Pflanze aus der artenreichen Familie der Doldengewächse und gehört zu den typischen Sommerpflanzen im Kraichgau. Sie mag es warm und nährstoffreich. Bei uns im Kraichtal findet man sie vor allem auf offenen Wiesen, Wegrändern, aber auch in Unkrautfluren. Sie ist eine uralte Kulturpflanze. Da alle Teile der Wilden Möhre essbar sind, wurde sie schon immer als Würzkraut und Gemüse verwendet. Die Wilde Möhre fand auch in der Naturmedizin schon seit dem Mittelalter für viele Gebrechen Verwendung.
Die weißen scheibenförmigen Blütenstände sind bei uns von Mai bis September zu sehen. Da es aber viele giftige Pflanzen unter den Doldenblütern gibt, sollte man die Wilde Möhre genau kennen. Es gibt einige Merkmale, welche die giftigen Arten (Hundspetersilie, Schierling) nicht haben: Beim Zerreiben der Blätter entsteht ein deutlicher Karotten-Geruch. Die giftigen Arten riechen dagegen nach Urin. Viele Pflanzen besitzen in ihrer Mitte eine schwarz-lila gefärbte , weibliche „Mohrenblüte“, die ein Insekt vortäuscht und die anfliegende Insekten zum Bestäuben animieren soll. Auf dem rechten Bild scheint sich ein Weichkäfer gerade für die Blüte zu interessieren. Auch diese „Insektenblüten“ findet man bei den giftigen Arten nicht.
Ein weiteres Merkmal sind die vogelnestartig zusammengezogenen Blüten- und Fruchtstände. Rechts ist ein Fruchtstand mit reifen Früchten zu erkennen. Wie zu erkennen ist, sind die Früchte als Klettfrüchte ausgebildet. Die Verbreitung erfolgt also durch Tiere und den Menschen. Auch die Samen finden manchmal in der Küche als Gewürzzusatz Verwendung.
Die Wilde Möhre bildet Pfahlwurzeln aus, die bis zu 80 cm in den Boden reichen können. Im Gegensatz zur Gartenmöhre ist die Wurzel aber blass. Das liegt daran, dass diese Art wenig Farbstoffe ausgebildet hat. Die Gartenmöhre ist aus Kreuzungen der Wilden Möhre mit anderen Möhrenarten, die in anderen Teilen Europas vorkommen, gekreuzt worden. So entstand aus der einheimischen Wilden Möhre – und der in Südeuropa vorkommenden Riesen-Möhre die heutige Form der Garten-Möhre. Diese hat eine deutlich vergrößerte Wurzel (Rübe), die wegen ihres erhöhten Karotin-Gehaltes auch eine intensiv gelbe Farbe zeigt. Die heute typische orangerote Farbe der Möhren ist erst im 18. Jahrhundert durch Züchtungen holländischer Gärtner entstanden. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Garten-Möhre gelb. Deswegen hat die Garten-Möhre auch noch den Namen „Gelbe Rübe“ erhalten.
Aus ökologischer Sicht hat die Wilde Möhre eine große Bedeutung. Wegen der offenen Blüten haben auch viele kurzrüsselige Insekten Zugang zum Nektar und Pollen. Dies sind vor allem Wildbienen, Schwebfliegen, Wanzen, Fliegen und Käfer, die als Bestäuber auftreten. Für einen der größten einheimischen Schmetterlinge, den Schwalbenschwanz, ist die Wilde Möhre eine wichtige Nahrungspflanze für seine Raupen. Auf dem rechten Bild ist gerade eine Raupe an einem Stängel der Wilden Möhre zu sehen. Teile der Blütendolden sind bereits abgefressen. Die Raupe wird sich auch am Stängel verpuppen und dann als fertig entwickelter Schmetterling ausschlüpfen. Raupen, die sich bei uns im Kraichtal erst Ende August verpuppen, schlüpfen erst im kommenden Frühjahr als fertig entwickelte Falter. Deswegen ist es wichtig, dass zum Beispiel diese Pflanzen im Herbst nicht gemäht werden. Finden die Schmetterlinge keine Wilde Möhren, weichen sie oft auf Gartenmöhren, Dill oder Pastinak – oder auf Pflanzen auf, welche die gleichen chemischen Inhaltsstoffe wie die Wilde Möhre enthalten.
Solche Kräuterwiesen, Blühstreifen, Zwischenfruchtfelder, aber auch Wegränder die nur selten gemäht werden, sind ganz tolle Möglichkeiten, die Vielfalt unserer Natur hier im Kraichtal weiter zu erhalten. Diese „Naturschutzgebiete auf Zeit“ stellen nämlich gerade vielen vom Aussterben bedrohten Tier- und Pflanzenarten zumindest einen begrenzten Raum zum „Überleben“ bereit.