Blühstreifen und Zwischenfrucht-Kulturen: „Naturschutzgebiete auf Zeit“

Das Getreide ist gemäht. Soweit das Auge reicht, abgeerntete Ackerflächen. Ab und zu unterbrochen durch das Grün der Maisfelder, das bis in den Herbst hinein erhalten bleiben wird.

Sonst nur Stoppelfelder, die bald bearbeitet werden.

Und es gibt Gewinner dieser Situation: Greifvögel, die jetzt wieder freie Sicht auf den Boden haben, der jetzt kaum noch Verstecke bietet. Singvögel wie Lerchen, Feldsperlinge, Bluthänflinge, Grünfinken, Distelfinken und andere Arten haben jetzt aber ein gewaltiges Problem: die Deckung fehlt – und auch bei vielen Arten wird die Nahrung knapp!

Ein Bluthänfling auf einem abgeernteten Rapsfeld. Doch in der Nähe kann er wieder etwas finden ….

Und dann so etwas: ein botanisches Allerlei, das recht wild aussieht. So eine Wildnis, wird mancher denken. Wie kann man so etwas dulden? Hektarweise ein Pflanzengewirr! – Doch es lohnt sich, einmal genauer hinzusehen. Was wächst da eigentlich – und warum lässt man es wachsen? Wieso nennt man das Gebilde „Blühstreifen“, wo doch nur ab und zu eine blühende Pflanze zu sehen und vieles schon verblüht ist?

Sonnenblumen, Disteln, Hühnerhirse, Flughafer, Kornblumen, Büschelschön (Phacelia), Acker-Rettiche, Buchweizen und viele andere Pflanzenarten mehr sind in dem „Blühstreifen“ enthalten. Spätestens jetzt muss klar werden, dass diese wild aussehende „grüne Wildnis“ eine wichtige Funktion hat. Für viele der genannten Vogelarten bietet sie zum einen Nahrung, aber auch Schutz vor Fressfeinden. Zudem profitieren von diesen Flächen sehr viele Insektenarten, die im Verlauf eines Jahres wichtige Aufgaben als Bestäuber unserer Feldfrüchte und Obstbäume haben. Davon haben auch die Vogelarten etwas, die sich überwiegend von den Insekten ernähren. Werden die Blühstreifen rechtzeitig im Jahr angelegt, kann dies dazu beitragen, dass viele bodenbrütende Arten ihren Nachwuchs ohne Gefahr aufziehen können, da keine maschinelle Bearbeitung bis ins Spätjahr hinein erfolgt. So können auch die bei uns im Kraichtal selten gewordenen Rebhühner wieder einen Rückzugsort finden, wo sie über einen großen Zeitraum Schutz und Deckung haben.

Feldhasen vor dem Blühstreifen. Bei Gefahr bietet er auch  ihnen Schutz, Deckung und vielleicht auch Nahrung.

Aber auch der Landwirt kann vom Anlegen solcher Blühstreifen profitieren. Wie die letzten Monate gezeigt haben, müssen wir uns vermehrt auf Starkregen-Ereignisse nach langen Trockenperioden einstellen. Das bedeutet, dass in diesem Fall ein Feld oft nicht in der Lage ist, das Wasser aufzunehmen und den Boden festzuhalten, wenn es zu viel Niederschlag gibt. Gerade bei uns im Kraichgau mit den vielen Hügeln kann dies zum Problem werden. Auf den Wirtschaftswegen kann man dann nach solchen Ereignissen das Ergebnis sehen, wenn diese dick mit einer Schlammschicht aus wertvollem Ackerboden bedeckt sind. Bei Feldern mit ausreichend breiten Blühstreifen besteht diese Gefahr nicht in dem Maße.

 

Landwirte oder Jäger, die solche Flächen ermöglichen, leisten einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Acker- und Feldflur, einem Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen, die auch für uns Menschen eine große Bedeutung haben. Sie bieten dem Leben ein „Naturschutzgebiet auf Zeit“.  Als Beleg können die folgenden Bilder dienen, die im Herbst 2017 (Oktober bis Dezember) in den Blühstreifen und Zwischenfrucht-Feldern entstanden sind:

Buchfink

Herbstblüte

Kleiber

Distelfinken holen sich die Samen der verschiedenen Knöterich-Arten

Und hier Bilder aus einem Zwischenfrucht-Feld, die im März 2018 entstanden sind.  Hier gibt es auch für den Fasan Deckung – und auch noch Nahrung, wie die verbliebenen Früchte auf den Pflanzen zeigen.

 

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