Eine Pflanze mit zwei Gesichtern: Zypressen-Wolfsmilch

Eine Pflanze mit zwei Gesichtern: Zypressen-Wolfsmilch

Die Zypressen-Wolfsmilch gehört zur Pflanzenfamilie der Wolfsmilchgewächse. Viele Pflanzen aus dieser Pflanzengruppe sondern einen Milchsaft ab. Bei der Zypressen-Wolfsmilch ist der Milchsaft weiß, aber leider stark giftig. Wegen ihres scharfen Geruches wird sie aber von den Weidetieren meist gemieden. Allerdings sind Vergiftungen durch Heu möglich, weil das Gift auch nach dem Trocknen im Heu erhalten bleibt. Die Zypressen-Wolfsmilch bildet zwei Arten von Trieben aus. Die nicht-blühenden Triebe bleiben völlig grün und ähneln mit ihren schmalen.spitzen Blättchen den Wedeln von Zypressen. Die fruchtbaren Triebe bilden doldenartige, gelbe, später orange werdende Blütenstände aus. Auf  dem Bild kann man die beiden Arten der Wedel gut unterscheiden. Die Pflanze kann bis zu 50 cm hoch werden. Sie blüht von Mai bis September. Im Kraichtal ist sie sehr häufig, weil sie die bei uns vorherrschenden Bodenverhältnisse mag. Man findet sie auf Weiden, Magerrasen, Böschungen und auch an Wegrändern.

Die Blütenstände enthalten zahlreiche Blüten. Diese werden vor allem von Bienen besucht, weil die Nektarquellen leicht erreichbar sind. Die Nektardrüsen sondern einen nach Honig duftenden Nektar ab. Die Samen besitzen ein Anhängsel, das vor allem von Ameisen gesucht wird.  Diese Anhängsel werden von den Ameisen in den Bau transportiert, während die Samen am Rande des Ameisenhaufens deponiert werden.Dadurch erfolgt die Verbreitung der Pflanze auch durch Ameisen. Tatsächlich findet man oft große Ansammlungen der Pflanzen am Rande von Ameisenhaufen.

Links ist ein Trieb mit Blättern und dem doldenartigen Blütenstand zu sehen. Das rechte Bild zeigt das Ende de abgetrennten Stängels, aus welchem der weiße Milchsaft tritt. Zwar wird er teilweise noch in der Naturmedizin verwendet; allerdings ist er stark giftig. Auf jeden Fall sollte man vermeiden, dass dieser Saft mit den Augen in Berührung kommt, weil er von dort nur schwer zu entfernen ist – und schwere Schäden im Auge verursachen kann.

Das „Zweite Gesicht“ der Zypressen-Wolfsmilch

Beim Blick auf das Bild erkennt man auf dem Bildausschnitt mehrere Exemplare der Zypressen-Wolfsmilch und im Vordergrund einige Exemplare einer fremden Pflanze. Trotzdem sind diese total unterschiedlich aussehenden Pflanzen ebenfalls Exemplare der Zypressen-Wolfsmilch. Wie ist das möglich?

Die fremdartigen Pflanzen haben keinen Blütenstand ausgebildet. Und doch sind es  Triebe der Zypressen-Wolfsmilch. Was ist der Grund dafür?

Ein Blick auf die Unterseite der Blättchen zeigt die Ursache. Alle haben auf den Blatt-Unterseiten jeweils eine große Anzahl von roten Pusteln. Der Grund ist, dass sie von einem Pilz, dem „Erbsenrost“ befallen wurden. Dieser Pilz beeinflusst den Stoffewchsel, so dass die Pflanze keinen Blütenstand bilden kann und einen fruchtig, nicht nach Honig riechenden Nektar abgibt. Besuchende Insekten kommen dann mit den Pilzsporen in Berührung und tragen so zur Verbreitung des Erbsenrostes bei. Damit verfolgt der Pilz eine sehr erfolgreiche Strategie. Es gibt nämlich bei uns im Kraichtal kaum einen Bestand der Zypressen-Wolfsmilch, der nicht vom Erbsenrostpilz befallen ist.

Die Aufnahme zeigt die Unterseiten der befallenen Blättchen, die sich auch in ihrem Aussehen deutlich von den eigentlichen Blättern der Zypressen-Wolfsmilch unterscheiden. Deutlich sind auch die rostroten Pusteln des Erbsenrost-Pilzes zu erkennen. Dieses Beispiel zeigt wieder einmal, welche Wege Organismen gefunden haben, um für ihre sichere Verbreitung zu sorgen.

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2 Comments

  1. Hallo Herr Weickgenannt, endlich habe ich eine Erklärung dafür, warum meine PflanzenerkennungsAPP (Flora Incognita) mir den gleichen Namen für zwei so unterschiedlich aussehende Pflanzen anbietet! Danke für Ihre wunderschöne Darstellung und die prägnanten Infos!
    Herzliche Grüße aus dem Norden (Wolfenbüttel im Harzvorland)

    Sabine Böhme

    • Hallo Frau Böhme,
      vielen Dank für Ihren Kommentar. Es freut mich, dass mein Beitrag Ihnen weiterhelfen konnte. Darüber hinaus würde es mich sehr interessieren, wie Sie in Wolfenbüttel auf meinen BLOG gekommen sind. Zwar sind Fauna und Flora in beiden Gebieten sicher unterschiedlich; da ich aber mit meinem BLOG jahreszeitlich beobachte, ergeben sich sicher einige interessante Überschneidungen. Vielleicht finden Sie ja mal wieder etwas aus dem Kraichgau, das es auch bei Ihnen gibt! Sonst können Sie mich kontaktieren, wenn Sie eine Information brauchen. Ich werde mich dann bemühen, eine Lösung zu finden!

      Nochmals vielen Dank – und liebe Grüße in das Harzvorland

      Peter Weickgenannt

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